Auch du hast Vorurteile - leider...
Wir alle haben diese Stereotypen und Bilder im Kopf und merken es selbst vielfach nicht – es sind auch unsere blinden Flecken.
In unseren Köpfen bestehen noch unglaubliche Voreinstellungen. Denke nur mal an das Szenario, dass eine Mutter nach dem Mutterschaftsurlaub wieder 80% zurück an den Arbeitsplatz kehrt: Sie gilt in vielen Köpfen als Rabenmutter. Ein Vater, der allerdings 80% arbeitet wird gefeiert für seinen Papi-Tag. Genau das sind solche Bias in unseren Köpfen gegenüber Frauen und Mädchen die es zu durchbrechen gibt um schlussendlich für mehr Gleichberechtigung zu sorgen.
Wir brauchen eine Welt frei von Stereotypen, Vorurteilen und Diskriminierung, wo jeder mit seinen Stärken gesehen wird, wie er ist. Wo Vielfältigkeit als wichtiges Element angesehen wird, anstatt abgetan wird als "mühsam, weil daraus unnötige Diskussionen entstehen". Nur so können wir weiter kommen in Bezug auf die Gender-Debatten und Gleichstellungsthemen.
Was sind denn aber nun solche Bias und was haben sie für einen Einfluss?
Wir alle handeln täglich nach bestem Wissen und Gewissen. Wir sind davon überzeugt, völlig rational und unvoreingenommen zu sein – tatsächlich aber haben wir im Hintergrund so viele Programme die unbewusst ablaufen, die uns die Welt immer durch UNSERE Brille sehen lässt. Dadurch verzerrt sich die eigene Wahrnehmung, wir fällen Urteile aufgrund unserer Erinnerungen und unserer Denkmuster, die auf bestimmten Grundannahmen basieren – sprich, wir haben alle Bias.
Ein Beispiel: Wenn nur Männer am Tisch sitzen, merken sie selbst oft überhaupt nicht, dass Frauen am Tisch fehlen.
Oder auch unsere Sprache, die wir benützen: Oft verwenden wir einfach nur die männliche Form und merken dadurch nicht, dass sich dadurch automatisch ein männliches Bild in unseren Köpfen schon sehr früh einprägt. Beispiel: wenn du an einen Pilot, einen Feuerwehrmann oder Skifahrer denkst, hast du automatisch ein männliches Bild vor deinem inneren Auge. Richtig?
Wie kommen Bias zu stande?
Täglich treffen wir unzählige Entscheidungen! Denke nur mal daran, was du morgens anziehst, welchen Zug du nimmst, ob du das Frucht- oder Naturjogurt isst und ob du die Bio-Tomate oder doch lieber die lokale Tomate kaufst. Damit wir dies kapazitätsmässig überhaupt schaffen, laufen viele dieser Entscheidungen routiniert und unbewusst ab. Du kleidest dich morgens dem Wetter und der Temperatur entsprechend. Automatisch gehst du davon aus, dass wenn die Sonne scheint, du leichtere Kleidung anziehen kannst. Gerade der Frühling und der Herbst machen uns da manchmal einen Strich durch die Rechnung, wenns zwar super schön ist, dennoch aber kalt draussen...✌️ Oder du weisst, welche E-Mails du als 1. beantworten musst und welche Aufgaben 2. Priorität haben. Wir beziehen diese Infos aus einem unserer abgelegten Speicher.
Auch wenn wir jemand neues kennenlernen, jemanden sehen oder hören, spulen wir ein bestimmtes Programm ab und wir haben direkt irgendwelche Vorurteile in unseren Köpfen. Da kommen diese verschiedenen Bias zu tragen – unser Gehirn hat sich eine gewisse Effizienz angeeignet und drückt somit direkt ein «Stempel» irgendwo auf. Diese Stempel basieren auf vergangenen Erfahrungen, Prägungen aus unserer Kindheit und sind für uns kognitive Abkürzungen um Energie zu sparen und uns unser Leben und Arbeitsalltag zu erleichtern.
Das Problem ist, dass diese verschiedenen Bias zum Tragen kommen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Wir merken nicht, dass wir nicht völlig frei in unserem Denken sind und somit sogenannte «Unconscious Bias» - also unbewusste Voreingenommenheiten zum Tragen kommen.
Was ist denn das Problem daran?
Das grösste Problem ist, dass diese uns davon zurück halten, freie und gute Entscheidungen zu treffen. Wenn z.b. in einer Stellenanzeige vor allem «durchsetzungsstarke Persönlichkeiten» gesucht werden, dann fühlen sich vor allem Männer dadurch angesprochen. Dies führt dazu, dass sich geeignete Kandidatinnen vielleicht gar nicht auf diese Stellenausschreibung bewerben und somit viel Potenzial verloren geht.
Dies nur aufgrund einer gewählten Satzstellung.
Der Einfluss von Bias auf uns:
Es hält uns zurück, unser volles Potenzial zu leben
Es macht es schwieriger für Frauen aufzusteigen und in verantwortungsvolle Positionen zu kommen.
Chancen werden vergeben, da Frauen weniger berücksichtigt werden aufgrund von Stereotypen in unseren Köpfen
Verschiedene Arten von Bias
Es gibt verschiedene Arten von Bias, die im Job zum Tragen kommen. Ich möchte dir hier einige davon etwas näher vorstellen,
(Die Liste ist nicht abschliessend und es gibt noch viele mehr)
Gender Bias – wir Assoziieren gewisse Charaktereigenschaften aber auch Berufe und Rollen mit einem Geschlecht.
An wen denkst du, wenn ich vom CEO der Firma XY spreche? An eine Frau?
Hier kommen alle die Bemühungen zum Zuge, dass auch Mädchen technische Berufe lernen können oder gleich gut in Mathe sind wie Jungs. Denn vielfach bedeuten bessere Aussichten auf eine Karriere auch ein höheres Einkommen und mehr Diversität. Je selbstverständlicher es wird dass Frauen überall vertreten sind, desto mehr folgen den Vorbildern.
Performance Bias – Wir werten die Leistungen von Frauen ab und überbewerten die Leistungen von Männern.
Frauen werden aufgrund von vergangenen Leistungen beurteilt, während Männer vielfach aufgrund von ihrem Potenzial und ihren Zukunftschancen eingestellt werden. Dies führt dazu, dass Frauen mehr leisten müssen um zu beweisen, dass sie mindestens so kompetent sind wie Männer. Es gibt spannende Studien wo Bewerberinnen zu Bewerbern gemacht wurden mit einem Namenswechsel – dadurch wurden 60% mehr Frauen eingestellt.
Confirmation Bias - Wir suchen nach Informationen die unsere Annahme bestätigen.
Informationen können immer auf eine gewisse Art und Weise ausgelegt werden. Der Confirmation Bias führt dazu, dass die Informationen zu unseren Gunsten ausgelegt werden können und wir somit richtig liegen. Das heisst, wenn wir in dieser Position eher einen Mann sehen, dann finden wir auch zig gründe, wieso ein Mann eher für diese oder jene Position geschaffen ist!
Authority Bias – Wir werten die Aussagen und Leistungen von Personen in höheren Hierarchiestufen automatisch als besser und mehr wertvoll ein.
Was unsere vorgesetzte Person sagt, muss stimmen. Der Ursprung kommt aus unserer Kindheit: Wir lernen schon früh, dass das was uns die Eltern und Lehrpersonen sagen, stimmen muss. Je mehr wir dies hinterfragen, desto schwieriger als Kind. Als Erwachsene Person ist dies aber unerlässlich, auch kritische Fragen zu stellen und Autoritäten zu hinterfragen.
Attribution Bias – Wir schreiben die Leistung mehr einem Mann zu als einer Frau, selbst wenn sie beide gleich beteiligt sind.
Weil wir denken, dass Männer kompetenter sind und mehr können, stufen wir automatisch ihren Anteil an einem Resultat als wichtiger ein als der einer Frau. Egal, ob beide gleich viel geleistet haben oder nicht.
Affinity Bias – Wir umgeben uns mit Personen die ähnlich sind wie wir.
Am liebsten sind uns die Menschen, die uns am ähnlichsten sind. Sie bestätigen uns und dadurch fühlen wir uns wohl in ihrer Gegenwart. Dies macht vieles einfacher, wenn Menschen gleich denken und handeln. Allerdings verhindert genau dies Diversität. Auch wenn es einfach er ist, sich mit Personen die ähnlich sind wie wir zu umgeben: der Horizont wird nur erweitert, wenn wir uns umgeben mit andersdenkenden Personen. Gerade im Businessumfeld ist dies essenziell.
Likeability Bias – Wir werten Frauen, die für sich selbst einstehen und mehr fordern als zu aggressiv.
Charaktereigenschaften die für einen Mann total ok sind, wie z.b. mehr Lohn zu fordern oder mal seine Grenzen klar aufzuzeigen, werden bei einer Frau als negativ gewertet. Sie gilt sofort als zu aggressiv oder «Bossy», wenn sie zu viel fordert oder eine zu direkte Sprache wählt. Sobald aber eine Frau als zu nett und freundlich rüber kommt, werden ihr Kompetenzen abgesprochen. Sprich: eine schon fast aussichtslose Situation für Frauen.
Maternal Bias – Wir denken unbewusst, dass Frauen sobald sie Mutter werden, weniger engagiert, pflichtbewusst und kompetent sind.
Dies führt dazu, dass viele Mütter keine Aufstiegschancen mehr bekommen. Es wird mit diversen Studien aufgezeigt, dass ein Kind einen negativen Einfluss auf die Karriere von Müttern hat, jedoch einen positiven Aufschwung in die Karriere eines Mannes bringt.
Halo Effect – Wir schreiben positive Eigenschaften einer Person zu, ohne sie zu kennen.
Kennst du es - Du schaust eine Person an und denkst sofort: Die ist bestimmt klug. Die hat bestimmt viel Erfolg am Arbeitsplatz. Du projizierst Eigenschaften in eine Person, ohne sie überhaupt zu kennen. Das passiert uns mit Personen, Firmen, Marken usw.
Die Auswirkungen von Bias sind fatal – im Alltag aber auch vor allem im Business.
Wir alle sind gefordert, diese Stereotypen und Denkmuster loszulassen, um in Bezug auf Gleichberechtigung einen Schritt weiter zu kommen.
Was du gegen diese Bias tun kannst:
Deine Bias erkennen – in welchen Situationen ertappst du dich selbst mit irgendwelchen Vorurteilen? Wie denkst du da?
In welchen Situationen werden diese hervor gerufen? Oft spielen Stress, Druck, Ärger, Multitasking dazu, dass unser Gehirn noch mehr versucht eine Abkürzung zu nehmen.
Was ist die «Wirklichkeit» - Versuche ein möglichst neutrales Bild zu schaffen, ohne Vorurteile. Was siehst du wirklich? Was passiert gerade wirklich?
Woher könnten mögliche Vorurteile kommen? Von wo kennst du diese Stimmen im Kopf, die da bei dir abgehen? Von Früher? Von einer gewissen Person?
Reduziere deine Bias immer mehr und mehr und trage so zu einer Welt bei, in der wir uns alle frei entfalten können.
Höre jetzt in die Podcast-Folge zu "Bias in unseren Köpfen" rein.
Quellen:
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